Die vorliegende Studie widmet sich dem Phänomen des Schwindels und geht davon aus, dass die Schwindel-Erfahrung oft als ein kreatives Moment innerhalb des ästhetisch-literarischen Schaffens fungiert. Der instablie Zustand des Schwindels bringt eine Instabilität der Wahrnehmung mit sich, die den vorübergehenden Zustand des Formlosen und Trüben hervorbringt, und somit auch eine ästhetische Dimension aufweist. In dieser Schwindel-Erfahrung verlagert sich der physische Schwindel auf die metaphysisch-poetische Ebene und erzeugt dabei eine andere Form der Wahrnehmung und ein virtuelles Bewusstseins. Diese Transformation des Schwindels wird am Beispiel der Erinnerungspoetik W.G. Sebalds verdeutlicht, in der sie einen Erinnerungsmechanismus bildet: Das dynamische Verhältnis zwischen Erinnern und Vergessen zeigt sich dort, wo die im Schwindelzustand zu erinnernde Geschichte immer wieder droht, zu verschwinden und sich erneuern.