Der Krieg ist also ein Akt der Gewalt, um den Gegner zur Erfllung unseres Willens zu zwingen.
Die Gewalt rstet sich mit den Erfindungen der Knste und Wissenschaften aus, um der Gewalt zu begegnen. Unmerkliche, kaum nennenswerte Beschrnkungen, die sie sich selbst setzt unter dem Namen vlkerrechtlicher Sitte, begleiten sie, ohne ihre Kraft wesentlich zu schwchen. Gewalt, d. h. die physische Gewalt (denn eine moralische gibt es au§er dem Begriffe des Staates und Gesetzes nicht), ist also das Mittel, dem Feinde unseren Willen aufzudringen, der Zweck. Um diesen Zweck sicher zu erreichen, mssen wir den Feind wehrlos machen, und dies ist dem Begriff nach das eigentliche Ziel der kriegerischen Handlung. Es vertritt den Zweck und verdrngt ihn gewisserma§en als etwas nicht zum Kriege selbst Gehriges. 3. u§erste Anwendung der Gewalt Nun knnten menschenfreundliche Seelen sich leicht denken, es gebe ein knstliches Entwaffnen oder Niederwerfen des Gegners, ohne zuviel Wunden zu verursachen, und das sei die wahre Tendenz der Kriegskunst. Wie gut sich das auch ausnimmt, so mu§ man doch diesen Irrtum zerstren, denn in so gefhrlichen Dingen, wie der Krieg eins ist, sind die Irrtmer, welche aus Gutmtigkeit entstehen, gerade die schlimmsten. Da der Gebrauch der physischen Gewalt in ihrem ganzen Umfange die Mitwirkung der Intelligenz auf keine Weise ausschlie§t, so mu§ der, welcher sich dieser Gewalt rcksichtslos, ohne Schonung des Blutes bedient, ein bergewicht bekommen, wenn der Gegner es nicht tut. Dadurch gibt er dem anderen das Gesetz, und so steigern sich beide bis zum u§ersten, ohne da§ es andere Schranken gbe als die der innewohnenden Gegengewichte.
So mu§ man die Sache ansehen, und es ist ein unntzes, selbst verkehrtes Bestreben, aus Widerwillen gegen das rohe Element die Natur desselben au§er acht zu lassen.
Sind die Kriege gebildeter Vlker viel weniger grausam und zerstrend als die der ungebildeten, so liegt das in dem gesellschaftlichen Zustande, sowohl der Staaten in sich als unter sich. Aus diesem Zustande und seinen Verhltnissen geht der Krieg hervor, durch ihn wird er bedingt, eingeengt, erm§igt: aber diese Dinge gehren ihm nicht selbst an, sind ihm nur ein Gegebenes, und nie kann in der Philosophie des Krieges selbst ein Prinzip der Erm§igung hineingetragen werden, ohne eine Absurditt zu begehen.
Der Kampf zwischen Menschen besteht eigentlich aus zwei verschiedenen Elementen, dem feindseligen Gefhl und der feindseligen Absicht. Wir haben das letztere dieser beiden Elemente zum Merkmal unserer Definition gewhlt, weil es das allgemeine ist. Man kann sich auch die roheste, an Instinkt grenzende Leidenschaft des Hasses nicht ohne feindliche Absicht denken, dagegen gibt es viele feindselige Absichten, die von gar keiner oder wenigstens von keiner vorherrschenden Feindschaft der Gefhle begleitet sind. Bei rohen Vlkern herrschen die dem Gemt, bei Gebildeten die dem Verstande angehrenden Absichten vor; allein dieser Unterschied liegt nicht in dem Wesen von Roheit und Bildung selbst, sondern in den sie begleitenden Umstnden, Einrichtungen usw.: er ist also nicht notwendig in jedem einzelnen Fall, sondern er beherrscht nur die Mehrheit der Flle, mit einem Wort: auch die gebildetsten Vlker knnen gegeneinander leidenschaftlich entbrennen.
Man sieht hieraus, wie unwahr man sein wrde, wenn man den Krieg der Gebildeten auf einen blo§en Verstandesakt der Regierungen zurckfhren und ihn sich immer mehr als von aller Leidenschaft loslassend denken wollte, so da§ er zuletzt die physischen Massen der Streitkrfte nicht wirklich mehr brauchte, sondern nur ihre Verhltnisse, eine Art Algebra des Handelns.