Das Projekt knüpft an zwei bereits veröffentlichte Bildbände an und ist als drittes, abschließendes Werk zu verstehen. Gegenstand der Publikation sind alte Negativfilme einer Studiofotografin, die neben ihrem Beruf auf unverkennbare Weise das alltägliche Leben ihrer Familie in den 1980er-Jahren im sozialistischen Staat dokumentierte. Die hier zum Teil wiedergegebene fotografische Episode, die sich zwischen 1981 und 1985 ereignet, findet ein Ende als die Fotografin im Jahr 1987 ins Ruhrgebiet auswandert, wo sie bis heute lebt. Bei der Fotografin handelt es sich um die Mutter des Autors.
In einem Aufarbeitungsprozess wurde ihre Arbeit schrittweise komplettiert, analysiert und adaptiert. Das entstandene Gesamtwerk ist eine Liebeserklärung an die Fotografie und zugleich ein Zeitdokument, das sich Klischees und Stereotypen über das Leben im einstigen Ostblock entgegenstellt.
Textauszug: Ein ideologisch geprägtes Leben, in einem Staat, der behauptete, gegen Eigentum, für Gesundheit, Gleichheit, Arbeit, Bildung und Frieden zu stehen. Wir: freundlich, hilfsbereit, besonnen und fair. Weiße Tauben auf den Transparenten der Maiparade, über den Altären und in Hinterhöfen, rote Tulpen in den Städten, Nelken im Jackett, das Blau am Himmel, gelbe Felder, weiße Wattewolken und Zuckerwatte im Park und ein Fläschchen Wodka beim Leichenschmaus. Eine Oase des Friedens oder eine Erinnerung, die alles Abkömmliche ausblendet und einen unvollkommenen Negativ-zu-Positiv-Abklatsch der Realität hinterlässt.
Texte, Konzept, Layout: Martin Janczek. Fotos: Jolanta Janczek. Stichwörter: Dokumentarfotografie, Kunst, konzeptionelle Fotografie, Literatur, Fotokunst, Fotos, Sozialismus, PRL, Essay, Fotoessay. Aufnahmeorte: Volksrepublik Polen, Oberschlesien, Schlesien, Bielszowice, Wrocław, Gdynia, (Stefan Batory), Nysa u.a. Inhalt: Der Bildband beinhaltet 148 Fotografien und 176 Seiten / 1. Auflage: 50 Exemplare / erschienen in Broadpic Eigenverlag, Recklinghausen, Januar 2023, © für die abgebildeten Werke: Martin Janczek und Jolanta Janczek, Recklinghausen 2022, © für die gedruckten Texte: Martin Janczek, Recklinghausen 2022, Published & Printed in Germany
Martin Janczek wurde 1976 im polnischen Ruda Śląska als Sohn eines Bergmanns und einer Fotografin geboren. Schon früh bekam er die Gelegenheit, hinter die Kulissen eines Fotostudios zu blicken in dem er mit großem Interesse das Ablichten von Menschen und die Arbeit im Fotolabor verfolgt. Seine ersten Fotografie-Versuche unternahm er mit einem sowjetischen Zenit B Fotoapparat. Im Jahr 1987 zog die Familie von Oberschlesischen Industriegebiet ins Ruhrgebiet, nach Recklinghausen, um. Dieser biografische Einschnitt bleibt bis heute als bedeutendes Thema in seinen Arbeiten bestehen und drückt sich in der künstlerischen Auseinandersetzungen mit dem alten und neuen Lebensumfeld, den Begegnungen mit Menschen, der Vergangenheit und Gegenwart und zuletzt mit sich selbst, aus. Bereits während des Studiums an der Ruhrakademie – einem Lehrinstitut für Design und Kunst in Schwerte, entstand die erste Fotoserie „Die Grenze“.
Martin Janczek arbeitet freischaffend und auftragsbezogen als Künstler in den Bereichen der konzeptionellen Fotografie, der Dokumentarfotografie, der Grafik und Malerei ohne sich auf ein einzelnes Genre zu beschränken.